Erklärung des Deutschen Historischen Instituts Moskau zum Antrag der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation zur Auflösung von Memorial International [*]

*Entsprechend der Gesetzgebung der RF (Gesetz № 14-ФЗ 24.02.2021) weisen wir darauf hin, dass das Russische Justizministerium „International Memorial“ als ausländischen Agenten registriert hat.

Das Deutsche Historische Institut Moskau setzt sich für die Zusammenarbeit deutscher und russischer Historiker/innen ein. Die gemeinsame Erforschung der unermesslichen Verbrechen, die das nationalsozialistische Deutschland an den Völkern der Sowjetunion begangen hat, ist uns ein zentrales Anliegen. Wir sind unseren Kolleg/innen und Kooperationspartnern in Russland und in den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion sehr dankbar für ihre Dialogbereitschaft, die für uns keine Selbstverständlichkeit ist. Unsere Arbeit verstehen wir nicht nur als eine wissenschaftliche, sondern auch als eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, denn sie bemüht sich insbesondere darum, dass diejenigen Menschen, die Opfer dieser verbrecherischen Politik geworden sind, und diejenigen, die ihr unter Erbringung großer Opfer Einhalt gebieten konnten, nicht vergessen werden.

Mit umso größerer Besorgnis erfüllt uns der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, Memorial International* aufzulösen. Memorial International* ist 1989 als unabhängige zivilgesellschaftliche Einrichtung – u.a. durch das Engagement des Physikers und Friedensnobelpreisträgers Andrej Sacharov gegründet worden. Memorial International* hat sich in den letzten 30 Jahren der wissenschaftlichen Erforschung und Dokumentation der schwierigen und gebrochenen Schicksale der Menschen im 20. Jahrhundert gewidmet. Seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben sehr viele Menschen in Russland und in den Nachbarstaaten dabei unterstützt, ihre Lebensgeschichten und die ihrer Angehörigen und Familien zu dokumentieren, zu erkunden und den Menschen ihre Namen, Erinnerung und Traditionslinien zurückzugeben.

Memorial International* hat durch die gemeinsamen Forschungsbemühungen die Festigung des gegenseitigen Vertrauens zwischen Russland und Deutschland befördert. Gerade der Beitrag von Memorial International* zur Klärung und Erforschung des Schicksals sowjetischer Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen im nationalsozialistischen Deutschland und zur Sorge um ein angemessenes Gedenken dieser Opfergruppe der NS-Gewaltherrschaft kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Memorial International* sorgt durch sein Archiv, als Auskunftsstelle für betroffene Familien und als Akteur des historischen Gedenkens dafür, dass die Schicksale der Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen nicht in Vergessenheit geraten und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer gemeinsamen transnationalen Erinnerungskultur.

Wir möchten hiermit unserer Hoffnung Ausdruck verleihen, dass Memorial International* nicht aufgelöst wird. Aus Sicht des Deutschen Historischen Instituts in Moskau wäre die Auflösung von Memorial International* ein nicht zu kompensierender Verlust.

#МыМемориал

#MeMemorial


* Entsprechend der Gesetzgebung der RF (Gesetz № 14-ФЗ 24.02.2021) weisen wir darauf hin, dass das Russische Justizministerium „International Memorial“ als ausländischen Agenten registriert hat.