Transcultural studies

  • 29.09.2015
  • 18.00 Uhr
  • Moskauer Staatliche Lomonossow-Universität, Schuwalow-Gebäude (Lomonossowskij Prospekt 27/4), Raum D-1
  • Methoden und Tendenzen in der europäischen Geschichtswissenschaft

Bernd Schneidmüller (Universität Heidelberg):
Mittelalterliche Konzepte von Migration und Transkulturalität
(Vortrag auf Deutsch mit Simultanübersetzung)

Andrey Tutorsky (Moskauer Staatliche Lomonossow-Universität, Historische Fakultät):
Maclay-Küste im 20. Jh.: zwei Sichtweisen auf Geschichte und historische Ereignisse
(Vortrag auf Russisch mit Simultanübersetzung)

Für den Eintritt ins Gebäude melden Sie sich bitte bis zum 28. September bei Tatiana Nekrasova unter: tatiana.nekrasova(at)mail.ru


Abstract

Mittelalterliche Konzepte von Migration und Transkulturalität

Der Vortrag demonstriert einen fundamentalen Wechsel in den mittelalterlichen Konzepten von Migration. Im frühen und hohen Mittelalter setzten die lateinischen Quellen ganz selbstverständlich die Entstehung aller Völker, Reiche und Kulturen aus permanenten Migrationen voraus. Europa war ein Raum der Zuwanderung, von Völkern (‚Völkerwanderung‘), Religionen (Christentum) oder Geschlechtern (aus Troja) aus Asien. Migration und Transkulturalität bildeten also das Fundament des europäischen Wissens von Geschichte und Gegenwart.

Im Humanismus verwandelte sich dieses Denken in fast revolutionärer Weise. Mit der Wiederentdeckung der antiken Schrift ‚Germania‘ des Tacitus entstand die Vorstellung von ethnischer Reinheit und der Verbindung der Völker mit ihrer Erde (‚Indigenat‘). Seit dem späten 15. Jahrhundert wollten Gelehrte den Nachweis führen, dass die Völker schon immer auf ihrem eigenen Boden gelebt hätten und dort entstanden seien. Transkulturalität und Hybridität wurden nun stigmatisiert.

Dieses humanistische Erbe prägt bis in die Moderne die Ideen von Nationalität und Staatsangehörigkeit. Erst mit der zunehmenden Globalisierung entdecken Historiker wieder ältere Konzepte von Migration und Transkulturalität.

Die Maklaj-Küste im 20. Jahrhundert: Zwei Sichtweisen auf die historischen Ereignisse

In dem Vortrag wird es darum gehen, wie die Expeditionstätigkeit des russischen Gelehrten Nikolaj Miklucho-Maklaj von der Bevölkerung der Nordost-Küste Neu-Guineas wahrgenommen wurde. Dieselben historischen Ereignisse erhalten in den Werken europäischer Gelehrter und in den Legenden der örtlichen Bewohner unterschiedliche Deutungen.

Methodologisch ist es außerordentlich wichtig, die Fragen zu beantworten: Wie entsteht eine Bewertung von historischen Ereignissen in einer Kultur? Inwieweit sind die europäische Bewertung der historischen Ereignisse und der Blick auf die Geschichte objektiver und relevanter hinsichtlich der historischen Ereignisse? Wie sollte eine moderne Bewertung der Geschichte Ozeaniens sein: europäisch, lokal oder ein Kompromiss?

Literaturhinweise

Старое и новое в изучении этнографического наследия Н. Н. Миклухо-Маклая: очерки по историографии и источниковедению / Под. Ред. П. Л. Белкова. СПб, 2014.

Ballard C. Oceanic Historicities, in: The Contemporary Pacific, 2014, №1 (V. 26), P. 95-154.

Bernd Schneidmüller, Fitting Medieval Europe into the World. Patterns of Integration, Migration, and Uniqueness, in: Transcultural Studies 2014.2, S. 8-38 [open-access journal. DOI: dx.doi.org/10.11588/ts.2014.2.17446

Europa im Geflecht der Welt. Mittelalterliche Migrationen in globalen Bezügen, hg. von Michael Borgolte/Julia Dücker/Marcel Müllerburg/Paul Predatsch/Bernd Schneidmüller (Europa im Mittelalter. Abhandlungen und Beiträge zur historischen Komparatistik 20), Berlin 2012.

Migrationen im Mittelalter. Ein Handbuch, hg. von Michael Borgolte, Berlin 2014.

Sahlins M. The Islands of History. London & New York, 1985.

Tumarkin D.D. Bongu: Hundert Jahre sociale und kulturelle Wandlungen in Neuguinea, in: Ethnographisch-Archaeologische Zeitschrift. Vol. 23. №1. B., 1982. S. 73–94.