Kriegsverbrechen und Erinnerungskultur: Zeitzeugen, Gedenkstätten und Rekonstruktion

  • 26.11.2019
  • 18.00 Uhr
  • Deutsches Historisches Institut Moskau, Voroncovskaja 8/7
  • Methoden und Tendenzen in der europäischen Geschichtswissenschaft

Eine Diskussion mit Dmitry Astashkin (Historisches Institut der RAW, St. Petersburg) und Andreas Ehresmann (Gedenkstätte Lager Sandbostel)

Arbeitssprachen: Deutsch und Russisch (mit Simultanübersetzung)

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Bitte beachten Sie, dass das Institutsgebäude nach 18:30 nicht mehr zugänglich ist.

  • Einführung in die Debatte

    Wie wollen wir an die deutschen Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkriegs erinnern? Andreas Ehresmann und Dmitry Astashkin stellen in dem Seminar unterschiedliche methodische Zugänge zur Diskussion.

    Andreas Ehresmann ist Leiter der Gedenkstätte Lager Sandbostel. Sandbostel war das größte Kriegsgefangenenlager Norddeutschlands, in dem auch eine große Zahl sowjetischer Kriegsgefangener verwahrt wurde. Tausende von ihnen starben an Hunger und Krankheiten. Andres Ehresmann stellt im ersten Teil der Veranstaltung sein Konzept im Umgang mit den historischen Bauten der Gedenkstätte vor. Sanierung oder Rekonstruktion? Die Diskussion um die historischen Orte des NS-Terrors wie auch ihre Inanspruchnahme unterliegen einem ständigen Wandel. In den letzten Jahren wird die zunehmende zeitliche Distanz zum Geschehen reflektiert, gleichzeitig findet eine Transformation der historischen Orte von Gedenkstätten hin zu zeithistorischen Museen statt. Die vielfältigen Möglichkeiten der Geschichtsvermittlung stellen eine große Herausforderung dar: Sollen nicht vorhandene Baracken zur besseren Verständlichkeit rekonstruiert werden oder schaffen wir so künstliche, ahistorische Orte und konstruieren eine ganze neue Geschichte? Und wie kann den Differenzen in der Wahrnehmung von historischen Orten durch verschiedene Gruppen begegnet werden?

    Im zweiten Teil der Veranstaltung tritt Dmitry Astashkin als Opponent auf und diskutiert Andreas Ehresmanns Vorstellungen eines kritischen Umgangs mit historischen Relikten. Dmitry Astashkin ist Autor des Projekts „Ihr werdet verurteilt“, das 2019 den Prozess gegen deutsche Kriegsverbrecher von 1947 am historischen Ort in Velikij Novgorod mit Schauspielern und Zeitzeugen nachstellte. Mit dem Zugang des Reenactements soll hier Geschichte erfahrbar gemacht werden. Die Inszenierung war ein großer Erfolg, wurde sechs Mal aufgeführt und von 3500 Zuschauern besucht.
    >> Link zum Video: www.youtube.com/watch

    Szenische Rekonstruktion der Vergangenheit oder Offenlegung historischer Schichten? Was brauchen wir und was wollen wir, um die Massenmorde des Zweiten Weltkriegs zu verstehen und zu erinnern? Wir freuen uns auf eine lebhafte Diskussion.