ONLINE: Vasilij Tatiščev und der 'geschickte Architekt' Friedrich Barbarossas

  • 07.04.2021
  • 18.00 Uhr
  • ONLINE
  • Kolloquium 18.-19. Jahrhundert-Forschung

Vortrag von Prof. Michail Bojcov (Higher School of Economics, Moscow)

Arbeitssprache: Russisch 

Meeting-ID im Zoom: 995 3849 3066
https://dhi-moskau-org.zoom.us/j/99538493066
Kenncode: 725918
Ohne Voranmeldung! 

Hinter dem Bau der Mariä-Entschlafens-Kathedrale in Wladimir und der beiden Kirchen in Bogoljubovo vermuteten Architekturhistoriker schon ab der Mitte des 19. Jahrhunderts einen bestimmten rätselhaften Architekten, der aus Westeuropa kam - offenbar im Jahre 1157. Aus diesem Grund wird sowohl in der seriösen Kunstgeschichte, als auch in der populären Literatur gerne eine Anmerkung zur „Geschichte Russlands“ von Tatiščev zitiert, in der der Autor behauptet, dass die Anwerbung des begabten Architekten durch Fürst Andrej Bogoljubski auf seine Freundschaft mit Kaiser Friedrich I. Barbarossa zurückzuführen sei.
Seltsamerweise scheint bisher kein Experte für die dubiosen "Tatiščev-Geschichten" jemals versucht zu haben, herauszufinden, wann Tatiščev zu seiner unerwarteten Behauptung kam, wie ernsthaft er sie verteidigte, wie sie durch die aufeinanderfolgenden Ausgaben der zukünftigen „Geschichte Russlands“ modifiziert wurde, welchen politischen Sinn er hineinlegte, ganz zu schweigen von den Beweisen, auf die sich der Historiker stützte – oder ob er in Ermangelung solcher einfach der Phantasie freien Lauf ließ. Die Beobachtung der veränderlichen Morphologie der Kommentare von V. N. Tatiščev gestattet es, einige Arbeitsmethoden der Amateure des russischen Altertums im 18. Jahrhundert zu klären und vielleicht neue Wege der Spurensuche nach dem Gastarchitekten des 12. Jahrhunderts zu skizzieren.