Unter Leitung des Historikers Isaak Minc reiste eine sowjetische Historikerkommission zur Jahreswende 1942/43 und ein zweites Mal im Frühjahr 1943 nach Stalingrad, um Soldaten der Roten Armee und die Einwohner der Stadt über ihr Erleben der Kämpfe in und um Stalingrad zu befragen. Das Unternehmen sollte den Grundstein für eine umfassende Dokumentation des „Großen Vaterländischen Krieges“ legen. Weil die Ergebnisse jedoch zu wenig regimekonform ausfielen, musste die Kommission ihre Arbeit bald nach dem Krieg einstellen. Die Protokolle verschwanden im Archiv des Instituts für Russische Geschichte der Russischen Akademie der Wissenschaften, wo sie bis heute verwahrt werden. Im Rahmen des von der Thyssen Stiftung geförderten Projektes wurden diese Materialien in Form von umfangreicheren Berichten und thematischen Collagen kleinerer Quellenauszüge in einer Edition zusammengestellt und durch eine umfangreiche Einführung ergänzt.
Nach dem Erscheinen der „Stalingrad-Protokolle“ ist dieses Projekt vorläufig abgeschlossen. In Kooperation mit der Geschäftsstelle der Max Weber Stiftung wird derzeit die vollständige Online-Präsentation aller 215 Interviews vorbereitet.
PROJEKTLEITUNG: Jochen Hellbeck, Bernd Bonwetsch
LAUFZEIT: 2009–2012
SCHLÜSSELPUBLIKATIONEN:
Jochen Hellbeck: Die Stalingrad-Protokolle. Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht, Frankfurt 2012 (5 Auflagen, 2013–2014) (Übersetzungen: Jochen Hellbeck: Stalingradprotokollen. Sovjetiska samtidsvittnen berättar om slaget, Stockholm 2013; Jochen Hellbeck: Stalingrad: The City that Defeated the Third Reich, New York 2015; Stalingradskaja bitva. Svidetelʹstva učastnikov i očevidcev, pod redakciej Jochena Chell´beka, Moskau 2015; spanische, chinesische, finnische Ausgaben in Vorbereitung)
Darija Lotareva: Komissija po istorii Velikoj Otečestvennoj vojny i ee archiv: rekonstrukcija dejatelʹnosti i metodov raboty, in: Archeografičeskij ežegodnik za 2011 g., Moskau 2014, S. 123–166